Etappe 4 • Von Kaub nach St. Goarshausen
Die Wanderung von Kaub nach St. Goarshausen gilt als Königsetappe des Rheinsteigs. Nicht nur wegen der Abwechslung und der zahlreichen Aussichten, sondern auch wegen der beachtlichen Länge von 19 Kilometern und der vielen Aufs und Abs auf dieser Strecke. Somit überlegte ich mir, mit dem Taxi von Kaub nach Dorscheid auf dem Rheinplateau zu fahren und damit die Anstrengung etwas abzumildern. Jedoch waren die wenigen Taxiunternehmen an diesem Dienstagvormittag mit Krankenfahrten beschäftigt. Also blieb mir nichts anderes übrig, als aus eigener Kraft den ersten Anstieg zu bewältigen. Der Aufstieg dauert vierzig Minuten, mit einem schönen Rückblick auf Kaub inklusive. Als ich einmal in Dorscheid ankam, verläuft der weitere Rheinsteig auf der Hochebene durch ausgedehnte Kornfelder und ist bequem zu gehen. Und dann gab es diese sagenhafte Überraschung: Plötzlich stand ich an der Hangkante und blickte auf Oberwesel, das zum Greifen nah jenseits des Rheins wunderbarer gelegen ist. Ich empfand dieses Panorama als eines der schönsten auf dem Rheinsteig. Vielleicht auch deswegen, weil vorher auf der Hochebene nichts darauf hindeutete.
Nach einigen Genussmomenten setzte ich meine Wanderung fort und ich erreichte bald die Roßsteine, wo ich letzte Blicke auf Oberwesel werfen konnte. An dieser Stelle befindet sich interessanterweise eine kleine Skulptur, die einen Vater mit seinem Kind auf den Schultern zeigt. Diese Skulptur ist ein Wahrzeichen des Rheinsteigs im oberen Mittelrheintal. Der Rheinsteig folgt der scharfen Rechtskurve des Rheins und es geht durch lichten Wald abwärts zum nächsten Aussichtspunkt »Alte Burg«. Der Platz ist ein bisschen enttäuschend, denn eine Burg sucht man hier vergebens. Ich sah lediglich ein kleines Stück vom Rhein und die letzten Häuser von Oberwesel. Nun führt der Rheinsteig drei Kilometer lang durch dichten Wald und weg vom Rhein, um das schmale aber tiefe Urbachtal zu überwinden. Am Aussichtspunkt »Waldschule«, der in der Luftlinie wenig vom vorigen Aussichtspunkt entfernt ist, ist die Aussicht erwartungsgemäß ähnlich. Nach der Waldschule kommt wieder ein längerer Abschnitt auf dem Rheinplateau, wo es »nichts« zu sehen gibt.
Aber das nächste Glanzlicht wartet schon. Es ist der Aussichtspunkt »Spitznack«. Unmittelbar vorher gibt es die willkommene Möglichkeit, sich im Hof »Leiselfeld« mit Getränken zu erfrischen. Der Spitznack liegt hoch über einer Rheinkrümmung und bietet eine fantastische Sicht nach Süden Richtung Oberwesel und nach Norden zum Loreleyfelsen. Im sehr engen Rheintal fallen die Felsen schroff hinab, weswegen Schwindelfreiheit am Spitznack absolut erforderlich ist. Die Reihe der Aussichtspunkte auf dieser Wanderung wird mit dem berühmten Loreleyfelsen fortgesetzt. Der Zugang zu dem schön angelegten Plateau mit Wiesen, Pflanzen, Bäumen und Sitzbänken ist frei. An der Spitze gibt es die bekannte Sicht auf die Landzunge, an deren Ende die Loreleystatue platziert ist. Diese Skulptur würde ich später mit dem Auto auf der Fahrt von Kaub nach St. Goarshausen besuchen. Auf dem Gelände der Loreley befinden sich ferner ein Besucherzentrum, ein Bistro und eine Freilichtbühne für Veranstaltungen. Das Loreleyplateau wird von einem Bus angefahren, sodass müde Wanderer hier die Wanderung abkürzen und nach St. Goarshausen fahren können. Ich wollte es aber nochmal wissen und setzte meine Wanderung auf dem Rheinsteig fort. Leider musste ich wieder in den Ortsteil Heide von St. Goarshausen hinaufwandern, um dann definitiv abzusteigen. Dabei streifte ich als letzte Sehenswürdigkeit auf dieser Wanderung die Burg Katz und beendete die Etappe im südlichen Teil von St. Goarshausen. Der eigentlich folgende Dreiburgenblick mit noch mal zweihundert Höhenmeter rauf und runter: Geschenkt. Stattdessen lief ich einfach durch den Ort zum Bahnhof im Norden von St. Goarshausen.